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 Rechtsanwalt Bonn Dr. Palm

 

 

Unbenannte Zuwendungen

im Erbrecht

Schenkung

 

Der Bundesgerichtshof (27.11.1991 (IV ZR 164/90) zur Problematik unbenannter Zuwendungen unter Ehegatten im Erbrecht

Tatbestand: Der Kläger ist der Sohn des am 16. Februar 1988 im Alter von 76 Jahren verstorbenen Kaufmanns A. (Erblasser) aus dessen erster Ehe und hat diesen aufgrund Erbvertrages seiner Eltern vom 27. Dezember 1965 allein beerbt. Die am 14. März 1923 geborene Beklagte ist die Witwe des Erblassers; sie war mit diesem seit dem 29. Dezember 1966 verheiratet und lebte mit ihm in Zugewinngemeinschaft.

Der Erblasser und die Beklagte waren Inhaber eines Kontos bei der C.Bank, auf dem 80.000 US-Dollar angelegt waren. Im Jahre 1986 lösten sie das Konto auf; von dem Gegenwert erhielten die Ehegatten je 72.000 DM. Außerdem unterhielten sie bei einer österreichischen Bank ein gemeinschaftliches Sparkonto, das im April/Mai 1987 aufgelöst wurde und von dem die Beklagte jedenfalls 50.000 DM erhielt.

Der Erblasser war Eigentümer zweier Grundstücke in U., von denen er das Hausgrundstück K. 17 aufgrund notariellen Vertrages vom 14. Februar 1975 mit einem lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch zugunsten der Beklagten belastete. Gleichzeitig schenkte er der Beklagten das gesamte Mobiliar dieses Hauses.

Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten noch Zahlung von 152.000 DM nebst Zinsen und die Aufgabe des Nießbrauchs sowie Räumung und Herausgabe des damit belasteten Grundstücks. Er behauptet, sein Vater habe der Beklagten die angeführten Beträge von 72.000 DM und 50.000 DM, sowie weitere 30.000 DM aus einem Wertpapierdepot bei der C.bank und den Nießbrauch in der Absicht geschenkt, den Kläger zu benachteiligen. In dem Depot hätten sich festverzinsliche Wertpapiere befunden, zu deren Anschaffung die Beklagte nichts beigetragen habe, die beim Erbfall für die Beklagte verwahrt worden seien und deren Wert ausschließlich ihr zugute gekommen sei. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die angeführten Klageanträge für unbegründet erklärt. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Zahlungsantrag des Klägers könne schon deshalb nicht aus dem Gesichtspunkt des § 2287 BGB bejaht werden, weil es an einer Schenkung fehle. § 2287 BGB setze eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB voraus, nämlich eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers aus eigenem Vermögen an den dadurch Bereicherten und die Einigung beider Teile über die Unentgeltlichkeit. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Zuwendungen unter Ehegatten seien regelmäßig keine Schenkungen, sondern sogenannte ehebedingte Zuwendungen und deshalb nicht als unentgeltlich anzusehen. Abgesehen davon sei der Klägervortrag zu dem Wertpapierdepot unsubstantiiert.

Demgegenüber hält das Berufungsgericht die Nießbrauchsbestellung vom 14. Februar 1975 für eine Schenkung im Sinne von § 2287 BGB. Diese Auffassung hat es damit begründet, dass es nicht um die "gegenwärtige Ausgestaltung und Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft", sondern mehr "um das zukünftige Wohl der Beklagten" gegangen sei. Der Gesichtspunkt der Alterssicherung sei nicht nur vorgeschoben und begründe ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der Schenkung, was einen Anspruch aus § 2287 BGB insoweit ausschließe. Im übrigen fehle es hier an einer Bereicherungsabsicht im Sinne von § 2287 BGB, weil die Beklagte von der erbvertraglichen Bindung des Erblassers erstmalig im Jahre 1986 erfahren habe.

Mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil, soweit es mit der Revision noch bekämpft wird, nicht bestehen bleiben.

II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bieten die erbrechtlichen Schutzvorschriften der §§ 2113, 2205, 2325 und 2287, 2288 BGB Schutz auch vor sogenannten unbenannten (auch "ehebedingten" oder "ehebezogenen") Zuwendungen unter Ehegatten.

1. Idee und Begriff der unbenannten Zuwendung gehen zurück auf Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand 1970 (S. 121ff.). Der frühere IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (damals für das Güterrecht zuständig) hat sie der Sache nach sehr bald aufgegriffen (Urteil vom 7.1.1972 - IV ZR 231/69 - NJW 1972, 580 - "gemeinsame Alterssicherung"). Der danach für das Güterrecht zuständige IX. Zivilsenat hat die Rechtsprechung hierzu weiter ausgebaut (BGHZ 82, 227 mit Anm. von Lang, LM BGB § 1380 Nr. 5) und die unbenannte Zuwendung von der - weiterhin möglichen (BGHZ 87, 145 mit Anm. von Lang, LM BGB § 530 Nr. 8) - Schenkung unter Ehegatten abgegrenzt. Der IVb-, jetzt XII. Zivilsenat als nunmehr für das Güterrecht zuständiger Senat ist dem gefolgt...

Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung versteht der Bundesgerichtshof Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel nicht als Schenkungen, sondern als unbenannte Zuwendungen. Für eine Schenkung fehle es regelmäßig an der Einigkeit der Ehepartner darüber, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolge. Sie diene (vielmehr) zumeist der ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine derartige Zuwendung, (der die Vorstellung oder Erwartung zugrunde liege, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde oder) die (sonst) "um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werde und darin ihre Geschäftsgrundlage habe", sei eine ehebedingte Zuwendung (BGH Urteil vom 17.1.1990 m.w.N.) und einen entsprechenden Rechtsgrund (Behaltensgrund) für die Zuwendung liefere.

Diese sogenannte unbenannte Zuwendung hat sich inzwischen zu einer eigenen Rechtsfigur verselbständigt, mit deren Hilfe Streitigkeiten entschieden werden, in denen es um die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen unter Ehegatten geht, nachdem ihre Ehe gescheitert ist.

2. Die unbenannte Zuwendung ist in der Regel objektiv unentgeltlich und im Erbrecht (§§ 2287, 2288, 2325 BGB) grundsätzlich wie eine Schenkung zu behandeln.

a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und Lehre ist der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes (auf den kein Rechtsanspruch besteht) unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht (RGZ 163, 348, 356). Das ist in dem Bereich des § 516 BGB nicht anders. Mit dem Festhalten an dieser Definition tritt der Senat zugleich einer möglichen Aufweichung des (vorwiegend ökonomischen) Begriffs der Unentgeltlichkeit entgegen. Dieser Begriff erscheint, wie Hepting (Ehevereinbarungen, insbesondere S. 417, 420) gezeigt hat, nicht geeignet, subtilere Formen von Reziprozität, etwa innerhalb der Ehe, aufzunehmen und dadurch zu sachgerechten Lösungen beizutragen.

Entsprechende Gegenleistungen des Empfängers einer unbenannten Zuwendung liegen indessen bei einer unbenannten Zuwendung in der Ehe in der Regel nicht vor.

Die Ehe als solche gibt im allgemeinen keinen Anspruch auf derartige Vermögensverschiebungen. Das gilt sowohl für den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, bei dem ein Ausgleich nur für den Fall der Beendigung des Güterstandes vorgeschrieben ist (§ 1471 BGB), als auch für die Fälle der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft; bei der letzteren hat jeder Ehegatte sein Vorbehaltsgut für sich alleine und verwaltet es selbständig.

Auch die Haushaltstätigkeit eines Ehegatten ist keine Gegenleistung für unbenannte Zuwendungen des anderen Teiles. Dem steht bereits entgegen, dass es sich bei der Haushaltsführung durch den Ehegatten, der keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, um den dem anderen Gatten geschuldeten Beitrag zum Familienunterhalt handelt (§ 1360 Satz 1 BGB; vgl. auch § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Hinzu kommt, dass selbst Leistungen in diesem Bereich, die über das gebotene Maß hinausgehen, nach § 1360b BGB im Zweifel nicht zu vergüten sind und dementsprechend ohne einen in diese Richtung weisenden Anhalt im Verhalten der Beteiligten auch nicht als vergütet angesehen werden können. Das gilt in gleicher Weise für die über den Unterhalt hinausgehenden vielfältigen Dienste und Hilfen, die Ehegatten einander innerhalb und außerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft leisten. Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird nirgends zum Ausdruck gebracht, dass eine unbenannte Zuwendung an den Ehegatten dessen Leistungen und Dienste vergüte. Vielmehr heißt es in BGHZ 82, 231 mit Recht nur, dass in einer unbenannten Zuwendung "regelmäßig die Anerkennung eines gleichwertigen Beitrages beider Ehepartner" liege. Diese Sicht stimmt mit derjenigen des Senats überein. Hier geht es nicht um die Bezahlung von Leistungen, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Angesprochen ist mit dem Ausdruck "Anerkennung" vielmehr die Haltung, die den Schenker einer belohnenden (remuneratorischen) Schenkung kennzeichnet. Abgesehen davon wäre es auch keineswegs unbedenklich, die vielfältigen Dienste persönlicher Art, die Ehegatten einander leisten, allgemein für vergütet (bezahlt) zu erklären und einen Ehegatten damit rechtlich in eine Rolle zu versetzen, die derjenigen von Hausangestellten vergleichbar wäre.

Erbrecht Pflichtteil Erbensicher Anfechtung Testament Mit dieser Einordnung der unbenannten Zuwendung als einer in der Regel unentgeltlichen Leistung befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit einem großen Teil des Schrifttums (...). Sie steht auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofes. Allerdings haben der IX. und der XII. (früher IVb-) Zivilsenat als für das Ehegüterrecht zuständige Senate ausgesprochen, dass es sich bei unbenannten Zuwendungen nicht um unentgeltliche handele (BGHZ 87, 145, 146 und Urteil vom 5.10.1988 - IVb ZR 52/87 - FamRZ 1989, 147, 149). Beide Senate haben den Unterschied zwischen der unbenannten Zuwendung einerseits und der Schenkung unter Ehegatten andererseits jedoch nicht im Objektiven gesucht, sondern bei der Frage nach der für § 516 BGB vorausgesetzten Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung, an der es bei der unbenannten Zuwendung fehle. Dementsprechend hat der XII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 17. Januar 1990 (FamRZ 1990, 600) entschieden, dass auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen einer unbenannten Zuwendung eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB anzunehmen sei, wenn nur die dafür erforderliche (subjektive) Einigung über die Unentgeltlichkeit vorliege. Da eine Schenkung nach allgemeiner Auffassung, die der erkennende und für das Schenkungsrecht zuständige Senat in ständiger Rechtsprechung zugrunde legt und die der XII. Zivilsenat nicht in Frage stellt, (auch) objektiv eine unentgeltliche Zuwendung voraussetzt, ist damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die unbenannte Zuwendung, wenn keine besonderen Umstände hinzutreten, als solche objektiv unentgeltlich ist. In Übereinstimmung damit hat der XII. Zivilsenat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass auch er unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten in seiner Rechtsprechung als in der Regel objektiv unentgeltlich ansieht. Überdies hatte auch schon der IX. Zivilsenat in BGHZ 82, 227 § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die unbenannte Zuwendung durchgreifen lassen, obwohl diese Vorschrift ausschließlich auf unentgeltliche Zuwendungen zugeschnitten ist (vgl. Jaeger, a.a.O. S. 439, 436 Fn. 27). Der VIII. und der IX. Zivilsenat haben entschieden, dass eine Zuwendung unter Ehegatten auch dann der Schenkungsanfechtung nach der Konkursordnung oder dem Anfechtungsgesetz unterliegen kann, wenn diese im Verhältnis der Gatten zueinander nicht als Schenkung anzusehen ist (BGHZ 71, 61, 69; Urteil vom 28.2.1991 - IX ZR 74/90 - WM 1991, 1053).

Der IV. Zivilsenat hatte (Urteil vom 7.1.1972 - IV ZR 231/69 - NJW 1972, 580 = LM BGB § 1356 Nr. 18) zu entscheiden, ob es sich um eine Schenkung handelt, wenn bei Gütertrennung ein Ehemann seine Ehefrau an einer Wertpapieranlage beteiligt, die er aus seinem Verdienst zum Zwecke der gemeinsamen Alterssicherung erwirbt. Er hat das für den entschiedenen Fall verneint und dazu ausgeführt, die Zuwendung sei entgeltlich, wenn sie sich im Rahmen einer nach konkreten Verhältnissen angemessenen Alterssicherung halte. Mit dieser Auffassung stimmt der erkennende Senat überein. Da Ehegatten einander nicht nur gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 2 und 1578 Abs. 3 bei Trennung und nach der Scheidung, sondern gemäß § 1360 BGB auch in intakter Ehe Vorsorgeunterhalt für den Fall des Alters schulden (vgl. BGHZ 32, 246, 248f.; 74, 38, 46; Senatsurteil vom 1.4.1987 - IVa ZR 26/86 - NJW 1987, 3131f.), kann es sein, dass eine unbenannte oder sogar ausdrücklich zur Alterssicherung bestimmte Zuwendung einem entsprechenden Anspruch objektiv entspricht. dass es sich in einem solchen Fall im Umfang des begründeten Unterhaltsanspruchs nicht um eine unentgeltliche Leistung und daher auch nicht um eine Schenkung handeln kann, liegt auf der Hand. Dementsprechend kann auch eine ehebedingte Zuwendung, durch die langjährige Dienste nachträglich vergütet werden, die ein Ehegatte dem anderen vor und nach der Eheschließung geleistet hat, im Rahmen des objektiv Angemessenen als entgeltlich anzusehen sein (vgl. dazu Senatsurteil vom 15.3.1989 - IVa ZR 338/87 - FamRZ 1989, 732 = LM BGB § 2325 Nr. 23; auch BGH Urteil vom 19.12.1989 - IVb ZR 91/80 - NJW 1990, 703 zu § 138 BGB). Das ist jedoch nicht die Regel.

b) Erweist sich die sogenannte unbenannte Zuwendung unter Ehegatten danach im Regelfall als objektiv unentgeltlich, dann stellt sich die Frage, ob die erbrechtlichen Schutzvorschriften vor ihr (nicht nur im Rahmen der §§ 2113, 2205 BGB, sondern) auch in den Fällen der §§ 2325, 2287, 2288 BGB Schutz bieten, in einem anderen Lichte.

Vor der Einführung dieser neuen Rechtsfigur in die Rechtsordnung war eine Zuwendung unter Ehegatten im allgemeinen als Schenkung im Sinne von § 516 BGB anzusehen und fiel daher in den Anwendungsbereich der §§ 2287, 2288 Abs. 2 Satz 2, 2325 BGB. Das entsprach dem Willen des historischen Gesetzgebers; ihm war die Vorstellung einer die Schenkung verdrängenden unbenannten Zuwendung nicht geläufig. Dementsprechend würde es den Regelungsplan des Gesetzgebers verfehlen, unbenannte Zuwendungen nur deshalb aus dem Anwendungsbereich der genannten Vorschriften auszunehmen, weil sie aus Gründen, die lediglich im Bereich der Ehegatten liegen, in deren (Innen-)Verhältnis zueinander nicht mehr als Schenkung behandelt werden. Vielmehr muss eine objektiv unentgeltliche "unbenannte Zuwendung" unter Ehegatten im Erbrecht regelmäßig wie eine Schenkung behandelt werden (vgl. hierzu z.B. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen 3. Aufl. Rdn. 413), auch dann, wenn die Ehegatten subjektiv nicht von einer Schenkung ausgegangen sind.

c) Wie der Senat bereits wiederholt hervorgehoben hat, sind in der Praxis seit langem Versuche zu beobachten, die Grenzen zu verschieben, die das Pflichtteilsrecht zum Schutz von Ehe und Familie einerseits oder ein Erbvertrag andererseits der Testierfreiheit des Erblassers setzt. Nicht selten nutzen Erblasser Möglichkeiten, die es wirklich oder vermeintlich zulassen, erhebliche Teile ihres Vermögens zum Nachteil von Pflichtteilsberechtigten oder Vertragserben durch Rechtsgeschäft unter Lebenden am Nachlass vorbei an ihnen genehmere Personen weiterzuleiten. Auf diese Weise wurde und wird das Recht der Pflichtteilsberechtigten oder Vertragserben nach wie vor ernsthaft gefährdet. Der Senat ist derartigen Tendenzen daher immer wieder entgegengetreten.

Das Anliegen, das dieser Rechtsprechung zugrunde liegt, muss auch gegenüber der unbenannten Zuwendung beachtet werden. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur wird inzwischen vielfach als ein gangbarer Weg angesehen und genutzt, um Vermögen zum Nachteil von Vertragserben oder von Pflichtteilsberechtigten "am Nachlass vorbei" an solche Personen weiterzuleiten, die dem Erblasser genehmer sind. Diese Rechtsfolge ist von den berechtigten Interessen, zu deren Wahrung die unbenannte Zuwendung genutzt wird, nicht gedeckt. Das nötigt dazu, die Fälle der unbenannten Zuwendung im Erbrecht wie eine Schenkung zu behandeln. Das bedeutet, dass die §§ 2287, 2325 BGB nicht nur auf (echte) Schenkungen, sondern im Grundsatz auch auf unbenannte Zuwendungen anzuwenden sind.

3. Daher muss die angefochtene Entscheidung über die Zahlungsklage, soweit das Berufungsgericht eine Schenkung im Sinne des § 2287 BGB verneint hat, aufgehoben werden; insoweit bedarf es einer erneuten Prüfung durch den Tatrichter.

Hierzu gibt der Senat folgende Hinweise: 

Bei der Prüfung der Frage, ob eine unbenannte Zuwendung unter § 2287 BGB fällt, kommt es zunächst darauf an, ob es sich um einen unentgeltlichen Vorgang handelt. Dies läuft auf die Frage hinaus, ob die Leistung etwa unterhaltsrechtlich geschuldet war oder ob ihr eine durch sie ganz oder teilweise vergütete, konkrete Gegenleistung gegenübersteht oder nicht. Sollten die der Zahlungsklage zugrunde liegenden unbenannten Zuwendungen danach wie Schenkungen zu behandeln sein, dann werden die weiteren Voraussetzungen des § 2287 BGB unter Beachtung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu diesem Problemkreis zu prüfen sein. Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger durch die möglichen Zuwendungen des Erblassers trotz der Ansprüche der Beklagten auf Zugewinnausgleich und auf ihren Pflichtteil überhaupt benachteiligt ist und gegebenenfalls in welchem Umfang. Erst wenn das zu bejahen ist, kann es darauf ankommen, ob der erbvertraglich gebundene Erblasser das ihm verbliebene Recht zu lebzeitigen Verfügungen dadurch missbraucht hat, dass er Vermögen ohne anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse weggeschenkt hat (BGHZ 108,73,77).

4. Soweit die Abweisung der Zahlungsklage wegen 30.000 DM auch darauf gestützt ist, dass der Klagevortrag in diesem Zusammenhang unsubstantiiert sei, ist das Berufungsurteil ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.

Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht den Klägervortrag insoweit nicht vollständig gewürdigt hat. Der Kläger hatte vorgetragen: Der Erblasser und die Beklagte hätten festverzinsliche Wertpapiere im Nennwert von 30.000 DM aus den Mitteln des Erblassers erworben und in einem Bankdepot verwahrt. Der Erblasser habe kurz vor seinem Tode dem Kläger erklärt, er solle darauf achten, dass die Beklagte ihn nicht mit diesen 30.000 DM betrüge; dem Kläger stünden davon 15.000 DM zu. Die Papiere seien beim Tode des Erblassers für die Beklagte verwahrt worden.

Damit will der Kläger jedenfalls behaupten, der Erblasser habe der Beklagten die Hälfte des Depotinhalts "geschenkt". Das ist insoweit ausreichend und kann, wenn die Papiere nicht mehr vorhanden sind, gemäß §§ 2287, 818 Abs. 2 BGB zu einem Zahlungsanspruch führen. Unklar ist allerdings, ob der Kläger entsprechendes auch für die zweite Hälfte behaupten will. Hier hätte Anlass zu einer entsprechenden Rückfrage bestanden (§ 139 ZPO). Aber auch ohne eine entsprechende Klarstellung blieb zu prüfen, ob der Kläger die zweite Hälfte des Depots (oder dessen Wert) nicht in seiner Eigenschaft als Erbe seines Vaters (§ 1922 BGB) aus dessen Recht beanspruchen kann.

III. Auch soweit das Berufungsurteil die Klage auf Aufgabe des Nießbrauchs und Räumung abgewiesen hat, kann es nicht bestehen bleiben.

1. Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht eine Beeinträchtigungsabsicht im Sinne von § 2287 BGB nicht hätte verneinen dürfen, ohne die vom Kläger hierzu angetretenen Beweise zu erheben. Das gilt jedenfalls für die Benennung des Notars A. und des Rechtsanwalts L. Diese waren als Zeugen dafür benannt, dass die Bestellung des Nießbrauchs nur deshalb von Notar W. beurkundet worden sei, weil Notar A. die Beurkundung abgelehnt habe, da diese mit dem Erbvertrag nicht vereinbar sei; der Erblasser habe sie nachträglich als Unrecht bezeichnet und rückgängig machen wollen (vgl. Bl. 250, 251, 350 d. A.). Der Nießbrauch habe verhindern sollen, dass der Kläger in den Besitz des Grundstücks gelange (Bl. 347, 348 d. A.).

Die hier unter Beweis gestellten Tatsachen waren geeignet, Benachteiligungsabsicht des Erblassers im Sinne von § 2287 BGB zu belegen. Hinzu kommt eine Verletzung des materiellen Rechts, wenn das Berufungsgericht Benachteiligungsabsicht auch deshalb ausschließen will, weil der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Verfügung gehabt habe. Lebzeitiges Eigeninteresse kann eine tatsächlich vorhandene "Benachteiligungsabsicht", an deren Vorliegen übrigens nur sehr geringe Anforderungen gestellt werden ("praktisch immer"), nicht beseitigen, sondern es hat seine Funktion nur im Zusammenhang mit der für § 2287 BGB zusätzlich erforderlichen Missbrauchsprüfung. Das hat der Senat spätestens seit BGHZ 82, 274, 282 ausdrücklich klargestellt. Außerdem wäre es rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht annehmen sollte, § 2287 BGB setze (auch) eine Benachteiligungsabsicht des vom Erblasser Beschenkten voraus. In diese Richtung weist es, dass das Berufungsgericht sich auch darauf stützt, die Beklagte habe von dem Erbvertrag des Erblassers erstmalig im Januar 1986 Kenntnis erlangt.

2. Für die neue Verhandlung wird es hier zunächst darauf ankommen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es sich bei dem Nießbrauch objektiv um eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers an die Beklagte handelt. Zu dieser Prüfung gibt auch der Umstand Anlass, dass der Nießbrauch nach dem Inhalt des Vertrages über seine Bestellung ausdrücklich dazu bestimmt war, die Beklagte "für die Zukunft abzusichern". Sofern die Einräumung des Nießbrauchs nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Ehegatten unterhaltsrechtlich (ganz oder teilweise) geboten gewesen sein sollte, wird es sich dabei nicht um eine Schenkung oder um eine unentgeltliche Leistung handeln. Das macht eine umfassende Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten erforderlich, und zwar auch in der Richtung, ob und in welchem Umfang für die Zukunft der Beklagten und insbesondere für ihr Alter bereits vorgesorgt war. Nur wenn sich ergeben sollte, dass die Beklagte keine (weitere) Vorsorge oder solche jedenfalls nicht in Form des ihr überlassenen Nießbrauchs zu beanspruchen hatte, und wenn dem Nießbrauch auch keine Gegenleistung gegenüber stand, bleibt Raum, dessen Zuwendung (ganz) als Schenkung einzuordnen oder zu behandeln.

Sollte sich ergeben, dass es sich (ganz oder teilweise) um eine Schenkung handelt, dann kommt es auch hier auf die weiteren Voraussetzungen des § 2287 BGB an, und zwar vor allem darauf, ob und inwieweit der Kläger durch die Schenkung benachteiligt ist. Da hier mehrere Vermögensverschiebungen in Betracht kommen, fragt es sich, ob der Kläger in seinen berechtigten Erberwartungen erst infolge des Zusammenwirkens aller Zuwendungen (oder einiger von ihnen) objektiv beeinträchtigt ist. Ist das der Fall, dann wird weiter zu berücksichtigen sein, dass auch im Rahmen von § 2287 BGB der Rechtsgedanke der §§ 2329 Abs. 3, 528 Abs. 2 BGB zum Zuge kommen muss. Das beruht darauf, dass die früheren Zuwendungen des Erblassers den Vertragserben im allgemeinen weniger einschneidend beeinträchtigen, als die späteren (vgl. BGHZ 85, 274, 283, 284; Senatsurteil vom 13.2.1991 - IV ZR 108/90 -WM 1991, 1311, 1313).

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